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Rund zum Jahrestag des 29.10.2005, als der Versuch der Göttinger NPD und sog. "freier Kameradschaften", in Göttingen einen Aufmarsch lokaler und hauptsächlich zugereister Faschisten durchzuführen, zu einem totalen Desaster geriet - und nach der kleinen Stehkundgebungseinlage am 13.05.2006 vor dem schönen Göttinger Bahnhof - wollen sie es wieder wissen: zum 28.10.2006 hat der "Privatmann" Adolf Dammann (stellv. NPD-Chef Niedersachsen) eine weitere Demonstration angemeldet.
Unter dem nicht gerade auf eine erfolgreich absolvierte klassische Bildung verweisenden Motto "Dem Gutmenschen-Popanz entgegentreten, Zeckenzentren auflösen, Stadtverwaltung ablösen" soll nun im dritten Anlauf die "rote Frontstadt" Göttingen genommen werden...


I. die Vorgeschichte
was bisher geschah:

29.10.2005:
Die NPD versucht nach drei Jahren Enthaltsamkeit in der "roten Frontstadt" Göttingen einen Aufmarsch durchzuführen; die Stadt Göttingen unter dem CDU-OB Danielowski sieht nicht nur großzügig von einem Verbot ab, sondern dient den Faschisten eine 7,7 km lange Route durch Ostviertel, Unigelände und Innenstadt an, die die eigenen Vorstellungen der Nazis noch übertirfft.
Mehr als 5000 Antifaschisten stoppen den faschistischen Umzug jedoch schon nach wenigen hundert Metern durch eindrucksvollen und überzeugenden Protest - die Nazis werden von der Polizei zutück zum Bahnhof eskortiert; Teile Göttingens sind durch brennende Barrikaden blockiert. Mehr als 4000 Polizisten sind im Einsatz, um die rund 150 Faschisten vor den über 5000 Gegendemonstranten auf der breiten Bündnisdemo sowie an anderen Orten in Göttingen zu beschützen.
15.05.2006: Zum zweiten Mal versuchen NPD und "freie Kameradschaften", nach Göttingen einzudringen: nachdem die Stadt Göttingen nach den leidvollen Erfahrungen mit der eigenen renitenten Bevölkerung nun zum Verbot im Vorfeld greift, wurde den Faschisten schlußendlich eine "stationäre Kundgebung" für zwei Stunden auf dem Bahnhofsvorplatz vom deutschen Verfassungsgericht gestattet.
Sage und schreibe 7000 Polizisten, mithin der größte Polizeieinsatz in der Geschichte der Stadt, sollen die knapp 100 Faschisten schützen; die Stadt Göttingen ist über Tage im Belagerungszustand. Mehr als 6000 Antifaschisten beteiligen sich an den Aktivitäten des "Bündnis gegen Rechts" und verleihen ihrem Protest gegen das ungestörte Agieren faschistischer Banden so deutlich Ausdruck.
28.10.2006: Beinahe auf den Tag genau ein Jahr nach dem gescheiterten Aufmarsch von 2005 wollen sich faschistische Kräfte zum dritten Mal in Göttingen austoben - wieder zeichet sich im Vorfeld ein juristisches Hickhack ab; die Naziveranstaltung wird gestattet und wieder auf eine "stationäre Kundgebung" am Bahnhof beschränkt. Die Polizei sieht ihr Konzept vom 13.05. als "bewährt" an; mit massivem Auftreten hätte sie den Faschisten damals die Kundgebung ermöglicht. Nach Vorstellung der Polizeioberen soll der Staat auch diesmal wieder mit einer Armee tausender Polizisten seinen Nazis das Eindringen in Göttingen ermöglichen...
Im goldenen Oktober am 29.10.2005 ging ein Aufmarsch der Faschisten bereits nach 200 absolvierten Laufmetern im Chaos unter - nachdem die Offiziellen der Stadt Göttingen eine mehr als großzügige, sieben Kilometer lange Route für die Nazis in Aussicht stellte (und dafür werden sie jetzt gegeißelt und sollen "abgelöst" werden - Undank ist der Welten Lohn!), zeigte sich die Polizei schlußendlich nicht in der Lage, die knapp 200 Faschisten vor dem konzentrierten Unmut der Göttinger Bevölkerung schützen zu können. Eine breite, von ca. 6000 Menschen besuchte Gegenkundgebung des "Bündnis gegen Rechts" (das ist, übersetzt ins Deutsche, der "Gutmenschenpopanz", der im neuen "Motto" erwähnt wird) sowie verschiedenste kreative Protestformen ausprobierende autonome Kräfte rund um verschiedene Antifa-Bündnisse (das sind nach Meinung Dammanns die "Zecken", die sich in bestimmten "Zentren" treffen...) konnten die unsägliche Veranstaltung dankenswerter Weise zügig stoppen. Im Laufschritt gings für die angereisten Faschisten zurück in die Heimatbundesländer, flankiert von Hundertschaften. Kein schönes Erlebnis!

Doch weil der Nationalsozialist von heute auch immer Nationalmasochist sein muss, wurde für den sonnigen Mai am 13.05. dieses Jahres eine weitere Veranstaltung einberufen. Nach juristischem Hickhack, einem Verbot durch die Stadt und einem lustigen Lauf durch die Instanzen wurde die Veranstaltung schließlich vom Verfassungsgericht höchstpersönlich erlaubt - allerdings nur als zweistündige lokale Veranstaltung vor dem Bahnhof, ohne Umzug und Transparente, die der junge Deutsche von heute so liebgewonnen hat. Das schmerzt, noch dazu, wenn sich nur hundert Deutsche, die es noch sein wollen, nach Göttingen trauen. Der Schock vom 29.10. saß wohl tief. Nun denn, diesmal konnten knapp 7000 Polizisten (mithin das größte Polizeiaufgebot in der Geschichte Göttingens) zumindest sicherstellen, dass die ebenfalls rund 7000 Gutmenschen, die wiederum an der breiten Gegendemo des "Bündnis gegen Rechts" teilnahmen, den 100 Recken bei der Bahn nicht gefährlich wurden. Auch das tat weh.

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Und nun, third edition: Zunächst wurden für den 14., 21. und 28. Oktober 2006 von Dammann "als Privatperson" neue Demos unter dem oben schon erwähnten, höchstwahrscheinlich von Goethe inspirierten Motto angemeldet. Nach den betrüblichen Erfahrungen für den Göttinger Einzelhandel an zwei normalerweise umsatzstarken Samstagen, die jeweils rund 2 Millionen Euro Umsatzverlust für den Deutschen Mittelstand nach sich zogen, verbot die Stadt Göttingen prompt alle drei Anmeldungen. Jetzt wird - ein kleiner Schimmer Realismus macht sich erkennbar - nur noch für den 28.10. geworben. Auch diese Veranstaltung ist derzeit noch untersagt; Rechtsmittel wurden von den Faschisten bereits in Aussicht gestellt.

II. die Lage
Großbildansicht leftaction.jpg (70.5 KB)
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gesehen in Göttingen
Wie gesagt: noch ist die Kundgebung verboten. Doch spätestens nach dem Instanzenparkour vom Mai 2005 sollte klar sein: wenn nicht schon das für Pro-Nazi-Urteile berüchtigte Oberverwaltungsgericht Lüneburg die Veranstaltung absegnet, tut es spätestens unser Bundesverfassungsgericht, dem ein Demonstrationsrecht insbesondere für deutsche Faschisten seit längerem ein Herzensanliegen ist. Auf die Staatsgewalt hoffen heißt auf Sand bauen, also ist wieder verantwortliche Bürger-Initiative gefragt.
Das "Bündnis gegen Rechts", bestehend aus Parteien, Gruppen, Gewerkschaften und engagierten Einzelpersonen, wird auch zu diesem Anlaß eine Gegenkundgebung planen und ggfls. durchführen. Der aktuelle Aufruf des Bündnisses lässt sich hier einsehen.

Ganz anderes Ungemach könnte unter Umständen jedoch aus den eigenen Reihen auf die Faschisten zukommen, denn die beiden Mißerfolge führten natürlich auch intern zu Unstimmigkeiten...

III. Ärger bei den Faschistens
Christian Worch, einer der Verantwortlichen der sog. "freien Kameradschaften" und neben Adolf Dammann treibende Kraft hinter den letzten beiden und dem geplanten dritten Aufmarsch, veröffentlichte auf seiner Webseite einen Brief, den er vom Landesverband der NPD Niedersachsen in die Hände bekam - Adressat ist Dammann, der auf den Aufruf, den er als "Privatperson" anmeldete, das NPD-Logo setzte:

"Kamerad Adolf,
die Flugblätter zur Demonstration am 28. Oktober 2006 in Göttingen suggerieren durch die mißbräuchliche Verwendung eines NPD-Logos, die Aufführung eines NPD-Verbandes als Kontaktadresse und insbesondere durch die Nennung Deine Funktion als stellvertretender Landesvorsitzender den falschen Eindruck einer offziellen Einladung der NPD. Der Landesvorstand fordert Dich auf, dieses Flugblatt unverzüglich zurückzuziehen.
[...] Sollte die Erklärung bis zum 31. 08.2006 nicht vorliegen, fordern wir Dich auf, als stellvertretender Landesvorsitzender zurückzutreten.
Weitere disziplinarische Maßnahmen bleiben vorbehalten.
[...] NPD-Landesverband Niedersachsen
"

Hintergrund dieses unhöflichen Briefes ist die Furcht der NPD, durch die desaströs verlaufenen Veranstaltungen mehr Schaden als Nutzen zu haben. Die "freien Kameradschaften", die seit jeher gezielt auf Provokationen und Presse um jeden Preis setzen (schon Kühnen, Stammvater der "Freien", wußte: auch eine schlechte Presse ist besser als gar keine...) sehen das gewohnheitsmäßig nicht so eng und hoffen darauf, wieder Krawall provozieren zu können: "Sie [die "konservative Mehrheit des Landesvorstandes Niedersachsen " der NPD, Anm. von mir, A. Höhler] fürchtete um das Ansehen der Partei, obwohl nicht nur mir völlig unverständlich ist, warum es der NPD schaden soll, wenn ihre bzw. unsere Gegner Barrikaden bauen. Schaden würde uns nur, wenn WIR Barrikaden bauen würden!" (Zitat Worch).

Nachdem jedoch der Unwille der Göttinger Bevölkerung, ständig Faschistenaufmärsche und das damit verbundene Chaos der hegenden und pflegenden Staatsgewalt ertragen zu müssen, auch bei der zweiten Gegenveranstaltung ausgesprochen deutlich wurde, zeichnet sich bei der NPD, die ja schließlich auch ab und an mal an Wahlen teilnehmen will und dort über die magischen 1 % (Wahlkampfkostenrückerstattung) zu gelangen hofft, ein gewisser Lernprozeß ab: derartige Krawallkundgebungen schaden dem Ansehen der Partei, weil:
- die Nazis sich als das, was sie sind, präsentieren: Krawallmacher, Provokateure und Hetzer;
- potentiell umworbene Kreise der Bevölkerung abgeschreckt werden; nicht zuletzt der Mittelstand;
- die Schwäche der Faschisten von Mal zu Mal offenkundiger wird. Vielleicht werden's diesmal noch 50...

Mediathek > Pics >

Es sieht also nach richtig ordentlich Krach aus, bei den Nazis. Bleibt abzuwarten, wie sich dies entwickeln wird. Zur Zeit ist jedoch nicht einmal mehr die offizielle Homepage der NPD Göttingen erreichbar (ab jetzt liegt Göttingen im Harz: Weiterleitung auf die NPD Osterrode); die NPD kandidiert auch nicht in Göttingen zur Kommunalwahl. Für jeden Infotisch 7000 Polizisten zum Schutze anzufordern erschien den Herren und Damen von Rechts wohl auch etwas lächerlich.

IV. "Bündnis gegen Rechts" konstituiert
Am 28.08.2006 hat sich, zum dritten Mal, das Göttinger "Bündnis gegen Rechts" konstituiert, das dem antifaschistischen Protest Ausdruck verleihen möchte: Neben dem Gegendemonstrationsanmelder DGB fanden sich bis jetzt rund 60 Organisationen, Gruppen und Einzelpersonen - unter anderem auch www.secarts.org - im Bündnis zusammen; ein Aufruf wurde herausgegeben.

Göttingen hat innerhalb eines Jahres bereits zweimal deutlich gemacht, dass zugereiste und heimische Faschisten hier nicht erwünscht sind: die Nazis hassen Göttingen für diesen Widerstand als "rote Frontstadt", die es zu "erobern" gelte. Und eine hysterische und geschichtsvergessene Polizeiführung peitscht trotz überwältigenden Widerstands die Aufmärsche und Kundgebungen der Nazis immer wieder - zuletzt mit 7000 Polizisten - durch. Nicht immer gelang dies in der Vergangenheit einwandfrei.
Davon hat sich der antifaschistische Protest der Bevölkerung nicht beirren lassen: beim dritten Aufruf des Bündnisses haben mehr Organisationen und Personen denn je unterschrieben; auch die Stadtverwaltung Göttingens wird sich nicht mehr einfach so aus der Affäre ziehen können, wie Ex-Oberbürgermeister Danielowski (CDU) dies mit einem Kurztripp nach Jerusalem (!) noch am 13.05.2006 versuchte: wir nehmen den neuen Bürgermeister Wolfgang Meier (SPD) beim Wort, der angekündigt hat: beim nächsten Naziaufmarsch stünde er in der "ersten Reihe" der Gegendemonstranten!

Auch wir, Macher und Nutzer von www.secarts.org, schließen uns dem "Bündnis gegen Rechts" an und rufen im Falle einer Nazikundgebung am 28.10.2006 die Bevölkerung der Stadt Göttingen wie auch alle anderen Menschen, denen es möglich sein wird, an diesem Tage nach Göttingen zu kommen, mit friedlichen Mitteln den Naziaufmarsch abzuwehren.

Update 08.10.2006
V. Flucht nach Celle?
Von den größenwahnsinnigen Ankündigungen der Faschisten, im Oktober 2006 gleich drei Aufmärsche in Göttingen durchführen zu wollen, bleibt jedoch immer weniger übrig. Christian Worch, Sprecher bei den "freien Kameradschaften", und Adolf Dammann, beinahe oder bereits abgesetzter stellvertretender NPD-Landesvorsitzender für Niedersachsen, blasen nun zum geordneten Rückzug:

"Für den Fall, daß in Göttingen ein Demonstrationszug vor den Gerichten nicht durchgesetzt werden kann, sondern nur eine stationäre Kundgebung wie am 13. Mai, gibt es für demonstrationsinteressierte Personen noch eine Demo in Celle. Diese beginnt um 16.oo Uhr am Bahnhofsplatz. Motto der Demonstration "Gegen linke Gewalt und staatliche Repression!"

Da es recht wahrscheinlich ist, dass die Gerichte derselben Argumentation folgen werden wie am 13.05.2006 und damit "nur" eine stationäre Kundgebung gestatten werden, nimmt sich dies nach einem hübsch verklausulierten Kapitulationsangebot aus. 7000 Polizisten waren vonnöten, um den Faschisten zwei Stunden lang Beine-in-den-Bauch-stehen zu ermöglichen; ein genau vor einem Jahr, am 29.10.2005 gestarteter rund 7 Kilomtere langer Umzug durch Göttingen ging bekannter Maßen im völligen Chaos unter.

Natürlich wird sich auch Celle die Flucht der Deutschen, Die Es Noch Sein Wollen nicht so einfach gefallen lassen: auf der Webseite der Antifaschistischen Linken International A.L.I. Göttingen wird informiert:
"Da wären wir uns allerdings nicht so sicher, schließlich müssen die Faschisten dafür Göttingen heile verlassen können und eine mehrstündige Reise auf sich nehmen... Ganz gleich wohin die norddeutschen Neonazis auch fliehen wollen, wir sind schon da! In Celle gibt es ein fettes Kulturprogramm, Aktionen gegen den Naziaufmarsch werden vorbereitet: www.kein-naziaufmarsch.tk oder www.bunteshaus.de".

Update 16.10.2006
VI. noch 12 Tage...
Trotz des insgeheim eingestandenen Scheiterns ihrer Bemühungen, in Göttingen ein Bein auf den Boden zu bekommen, ist noch nicht endgültig abzuschätzen, was am 28.10.2006 kommen wird: die NPD hat sich als Partei aufgrund des drohenden Imageverlustes beim umworbenen Mittelstand zurückgezogen; der stellvertretende Landeschef Dammann wird von den eigenen Kameraden hinausgemobbt und Worch bläst zum strategischen Rückzug nach Celle (unser Beileid!). Das Göttinger Amtsgericht jedoch signalisierte Bereitschaft, die Faschisten auch ein drittes Mal mit Spalier zu empfangen; wenn auch nur "stationär" vor dem Bahnhof.

[file-ebooks#15]Die Flucht nach Celle ist ein Sieg, den wir zu verbuchen haben: trotz uneingeschränkter Unterstützung durch die Staatsmacht scheinen die Faschisten einzusehen, dass das Göttinger Pflaster eine Spur zu heiß ist... Für die Göttinger Antifaschisten sollten jedoch keine Spekulationen, ob die Nazis nun am 28.10. kommen und wie viele es sein werden, für die Gegenaktivitäten ausschlaggebend sein. Die Gerichte haben die Naziveranstaltung gestattet, die Faschisten werben - trotz ihres Hintertürchens Celle - für die Göttinger Kundgebung und wir sollten sie beim Wort nehmen!
Dennoch: die geplante Celler Ausweichkundgebung kann nicht losgelöst von den Ereignissen in Göttingen gesehen werden. Unserem Druck ist es zu verdanken, dass der dritte Anlauf der Nazis schon im Vorfeld mit einer kläglich eingestandenen Kapitulation beginnt; vermiesen wir ihnen auch die wenigen Stunden vor dem Bahnhof! Und jedem Antifaschisten aus Göttingen steht es natürlich frei, im Anschluß an die Gegendemonstration mit dem "Schönes-Wochenend-Ticket" noch passend vor der geplanten Bahnpreiserhöhung zu den Gegenkundgebungen nach Celle weiterzureisen!

Das bereits konstituierte "Bündnis gegen Rechts" wird am 28.10. nach derzeitigem Erkenntnisstand definitiv zu Gegenkundgebungen mobilisieren. www.secarts.org hat sich dem Bündnisaufruf zu friedlichem Protest gegen die Faschisten angeschlossen und ruft zum 28.10. alle Antifaschisten auf, in Göttingen gegen die faschistischen Umtriebe auf die Straße zu gehen; unberührt von der Tatsache, ob sich die Nazis noch einmal nach Göttingen trauen oder nicht.

Update 27.10.2006
VII. "Warm-Up-Demo" ein voller Erfolg
Einen Tag vor der Naziveranstaltung am morgigen Samstag zog eine sog. "Warm-Up-Demo", veranstaltet von der Göttinger Antifagruppe "redical[m]", schätzungsweise 300 bis 400 Antifaschisten in die Innenstadt.
Gegenüber einer streckenweise sehr gereizt agierenden Polizei, die im "goldenen Oktober 2006" wohl nochmals mit der Hemmschwelle herunterzugehen gedenkt, konnte der Demonstrationsumzug von 18 Uhr bis 19:30 Uhr durch die Göttinger Innenstadt ziehen.

Auch wenn man zur streckenweise eiltären Argumentation einiger Antifagruppen, warum man sich nicht an sog. "bürgerlichen" Gegenaktivitäten zu beteiligen gedenkt, geteilter Meinung sein kann: die "Warm-Up-Demo" hat das antifaschistische Potential Göttingens sehr anschaulich gemacht: die von Polizeiführung und Gerichten verordnete "Zermürbungsstrategie", durch regelmäßige mit massiven Polizeieinsätzen durchgedrückte Naziveranstaltungen den antifaschistischen Widerstand zu erlahmen, geht augenscheinlich nicht auf.

Schon seit Wochen, spätestens aber am Abend vor den geplanten Gegenaktivitäten zum 28.10., ist Göttingen wieder zum Heerlager der Staatsmacht geworden: seit Anfang Oktober sind bereits 2 Hundertschaften der Polizei in Göttingen stationiert; an diesem Wochenende dominieren paramilitärische Polizeiwagen, Ninja-Turtle-Uniformen und Polizeikontrollen das Stadtbild. Wieder einmal, zum dritten Mal binnen eines Jahres, lässt sich der Staat seine Nazis einiges kosten.

Update 28.10.2006
VII. Kurzeinschätzung: das war der 28. Oktober 2006
Die Demonstrationen sind gelaufen - die ersten Zahlen sind verfügbar: rund 5000 bis 6000 Antifaschisten demonstrierten gegen ca. 150 bis 200 Nazis, die, wie im Mai dieses Jahres, von einem exorbitenten Polizeistaatsaufgebot von rund 6000 Polizisten beschützt wurden. Sowohl An- als auch Abreise der Nazis wurde von Antifaschisten, denen es gelang, den Bahnhof zu betreten, mit entsprechender Geräuschkulisse begleitet.
Bereits die Zuganfahrt der Nazis verzögerte sich, da in Northeim der Zug aufgehalten wurde. Die Anschlußkundgebung der Nazis, die nach der Göttinger Stehkundgebung nach Celle weiterreisen wollten, viel ebenfalls ins Wasser: wegen "polizeilichen Notstandes", sprich nicht mehr genügend verfügbaren Polizeibeamten (sie waren hier in Göttingen...), verbot das ansonsten wegen weicher Linie bekannte OLG Lüneburg die Celler Demonstration. Nazis wie auch Polizei konnten sich also ganz auf Göttingen konzentrieren...



Wenn sie kommen, kommen auch wir! Denn Göttingen hat ein zweifaches, jeweils schlagendes Votum abgegeben: Faschisten jeglicher Schattierung haben hier - wie nirgendwo in diesem Lande - nichts verloren!
Deswegen: auch am 28.10.2006 auf die Straße - denn die Straße gehört uns!

Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft! *

* - diese historische Losung ist - wie immer! - rein allegorisch gemeint!

Links zum Thema:
- DGB Südniedersachsen-Harz
- Antifaschistische Linke International A.L.I. Göttingen


 
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Inhalt (Text, keine Bilder und Medien) als Creative Commons lizensiert (Namensnennung [Link] - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen), Verbreitung erwünscht. Weitere Infos.
 


 
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  Kommentar zum Artikel von secarts:
Samstag, 28.10.2006 - 17:43

PRessemitteilung der A.L.I.:

Presseinformation, 28.10.2006, 16.30 Uhr

Politischer Erfolg für antifaschistischen Widerstand in Göttingen
5.000 bei Bündnisdemonstration gegen Rechts - Anreise der Neonazis blockiert

Gegen eine Kundgebung von Neonazis am heutigen Samstag in Göttingen
haben auf der Demonstration des Bündnisses gegen Rechts über 5.000
Menschen protestiert. An einem Antifablock, zu dem die Antifaschistische
Linke International >A.L.I.< aufgerufen hatte, beteiligten sich über
2.000 autonome AntifaschistInnen. Ein Großaufgebot PolizistInnen
begleitete den Antifablock die gesamte Demonstration über mit einem
engen Spalier und versuchte mehrmals den Antifablock vom Rest der
Demonstration zu trennen. Die Demonstration wurde aber dennoch
durchgesetzt. Eine Sprecherin der Göttinger Antifagruppe bewertete den
heutigen Tag als politischen Erfolg:

"Wie bereits am 13. Mai hat die Polizei durch ihre massive Präsenz und
Angriffe auf die Demonstration versucht, den antifaschistischen
Widerstand einzuschüchtern. Die kraftvolle Demonstration, die sich gegen
ein Überaufgebot an Polizeikräften den Weg durchkämpfen musste, hat das
Kräfteverhältnis in der Stadt einmal mehr deutlich gemacht. Würden die
Polizei die Neonazis nicht schützen, hätten letztere heute in Göttingen
keinen Fuß auf den Boden gesetzt".

An der Kundgebung der Neonazis vor dem Bahnhof beteiligten sich etwa 150
FaschistInnen, größtenteils aus Hamburg und dem Raum Hannover. Diese
wurden bei ihrer Anreise bereits im Bahnhof von über 100
AntifaschistInnen lautstark empfangen. Zeitweise wurde auch die Anreise
der Neonazis durch das Stoppen eines Zuges in Northeim behindert. Eine
Sprecherin der >A.L.I.< sagte:

"Wir werden auch in Zukunft dafür Sorge tragen, dass die FaschistInnen
in Göttingen keine Chance haben. Dazu wird es aber notwendig sein, die
Rolle der Polizei nicht aus dem Auge zu verlieren. Denn es sind, wie
bereits bei den vergangenen beiden Malen, die Gerichte und die Polizei,
welche den Neonazis ihre `national befreite Zone? ermöglicht haben."

Insgesamt waren 6000 PolizistInnen im Einsatz. Der Ermittlungsausschuss
Göttingen teilt mit, dass es bis zur Stunde zu etwa 20 Ingewahrsamnahmen
sowie einer Festnahme durch die Polizei gekommen ist. Die Anwälte, sie
sich um diese Personen kümmern, berichten von einer massiven Behinderung
ihrer Arbeit durch die PolizistInnen in den Gefangensammelstellen.


Mit antifaschistischen Grüßen!

-- Antifaschistische Linke International >A.L.I.< c/o buchladen, nikolaikirchhof 7, 37073 goettingen tel 0551-7704889 fax 0551-7704362 mail ali [at] puk.de i-net Link ...jetzt anmelden!