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Von Toto Lyna

Anmerkungen zur Erklärung des Sekretariats des PV der DKP: "Stoppt den Krieg in Syrien"* - Vorschlag für einen Handlungsplan der deutschen Kommunisten.


Es hat mehrere Tage gedauert, bis das Sekretariat des Parteivorstandes der Deutschen Kommunistischen Partei eine Erklärung zur aktuellen neuen kriegerischen Eskalation der türkischen Armee in Syrien gegen die YPG veröffentlicht hat.

In der Beurteilung der aktuellen Lage in Nordsyrien mag es Unsicherheiten geben: Die YPG wirft Russland (zu Unrecht) den Ausverkauf »der Kurden« vor. Die Kooperation der YPG mit dem US-Imperialismus und die Ignoranz gegenüber der Frage der syrischen Souveränität in der Solidaritätsbewegung in Deutschland gehören dazu. Das sind jedoch meines Erachtens alles keine Gründe für die Zurückhaltung der deutschen Kommunisten und ihrer Partei, die DKP, in der aktuellen Eskalation im Krieg gegen Syrien.

Die Erklärung hat sicher das Verdienst, dass Sie diese Kritikpunkte in der aktuellen Anti-Kriegsbewegung zurecht rückt. Die Erklärung stellt die Sachverhalte richtig. Aber sie bleibt dabei, anstatt um eine richtige Orientierung in der Anti-Kriegs-Bewegung zu ringen. Gewiss unterscheidet sich qualitativ die aktuelle Anti-Kriegs-Bewegung von anderen Bewegungen gegen Kriege. So gibt es hier eine einheitliche Linie, die durch die Präsenz starker kurdischer und türkischer Gruppen in Deutschland erzeugt wird, diese drücken der Bewegung zum Teil ihren eigenen ideologischen und organisatorischen Stempel auf – anders als bei pro-palästinensischen Demonstrationen, die über keine derartige ideologische Klammer verfügen, oder bei den Bewegungen gegen den Putsch in der Ukraine und den anschließenden Krieg gegen den Donbass.

Trotz der richtigen Analyse der Verhältnisse in Syrien muss die Erklärung kritisiert werden. Das Sekretariat hätte in seiner Erklärung eine wesentliche Aufgabe erfüllen und die Anti-Kriegs-Bewegung auf einen Stoß gegen den Hauptfeind orientieren müssen. Die Rolle des deutschen Imperialismus in der Unterdrückung der kurdischen Nationalbewegung ist seit vielen Jahren bekannt. Seit Jahrzehnten werden die Kurden in der Türkei und in der Region mit deutschen Waffen massakriert. Seit Jahrzehnten wird die größte und relevanteste Partei der in Deutschland lebenden Kurden verboten. Der deutsche Imperialismus ist ebenfalls führend in der Aggression gegen Syrien beteiligt. Deutschland forcierte in der EU gegen den Willen einzelner EU-Mitglieder die anti-syrischen Wirtschaftssanktionen. Deutschland bot mit dem Projekt »The day after« den Boden für eine Beteiligung von Islamisten an anti-syrischen Aktivitäten. Deutschland liefert Informationen des BND an Islamisten. Die Bundeswehr beteiligt sich am völkerrechtswidrigen Kriegseinsatz über syrischem Territorium und vieles mehr. Kurz gesagt, an den anti-kurdischen und anti-syrischen Aggressionen ist Deutschland beteiligt.

Eine Orientierung auf dem Hauptfeind ist keine Phrase, sondern bietet konkrete Ansatzpunkte, um die Arbeiterbewegung – so schwer dies sein mag – für die Friedensbewegung zu gewinnen. So wird in Teilen der Anti-Kriegs-Bewegung die Idee eines Türkei-Boykott verbreitet, da die Türkei als Staat in Deutschland angefeindet wird. Stattdessen müssen wir zum Angriff auf deutsche Rüstungsmonopole wie Krauss Muffei Wegmann oder Heckler und Koch orientieren! Eine solche Orientierung auf deutsche Rüstungsmonopole könnte ein Anknüpfungspunkt sein, um auch Gewerkschaften einzubinden und die Frage der Rüstungsvorhaben der Bundesregierung und der geplanten bzw. beschlossenen Erhöhung des »Wehretats« auf Kosten sozialer Ausgaben in der Vordergrund zu rücken. Eine solche Orientierung befreit die häufigen größeren Anti-Kriegs-Bewegungen, die bspw. gegen Kriege in Palästina und Kurdistan eintreten, von ihrer Spontaneität und Begrenztheit, damit kann sie die Friedensbewegung ernsthaft stärken. Eine solche Orientierung könnte die Spaltung der Arbeiterklasse und der anti-türkischen Hetze des deutschen Imperialismus, die unsere Kollegen in den Betrieben spüren, entgegentreten.

Eine Schwäche der Friedensbewegung in Deutschland ist gerade die Tatsache, dass die Empörung und Wut über konkrete Kriege nicht in zielgerichtete Aktionen mündet. Es ist unsere Aufgabe als DKP, die berechtigte Empörung und Wut in eine Handlungsorientierung gegen den deutschen Imperialismus umzuwandeln.

Toto Lyna


Anmerkungen:
* Dieser Text ist gekürzt auch als Leserbrief in der UZ - Unsere Zeit - Zeitung der DKP erschienen. Er bezieht sich auf die Erklärung des Sekretariats des Parteivorstandes der DKP "DKP-Stellungnahme: 'Stoppt den Krieg in Syrien!", UZ vom 2.2., S. 9.



 
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  Kommentar zum Artikel von Zwibbel:
Dienstag, 20.02.2018 - 11:16

Diese Erklärung vom Sekretariat ist viel einseitiger und unvollständiger als bspw das Referat von Patrik Köbele vom 27./28.1.2018 in Essen. Patrik hat sehr wohl auf die besondere Rolle des deutschen Imperialismus hingewiesen, auch auf die diplomatischen Ränke mit Erdoğan:

"Die Türkei ist nun ganz offen nach Syrien
einmarschiert, mit deutschen Waffen. Ein bißchen
Aufregung in den Medien gab es schon. Aber auch
hier wird nicht von einem Völkerrechtsbruch, von
einem kriegerischen Angriff auf Syrien gesprochen.
Auch die YPG, die davon betroffen ist, merkt, dass
eine Zusammenarbeit mit den USA nur solange
einen Schutz darstellt, solange die Nützlichkeit für
die USA gegeben ist oder eben größer ist als die
Verbundenheit mit dem NATO-Partner Türkei. Das
sich der deutsche Imperialismus zurückhält
verwundert nicht, will man doch die Verhältnisse zu
Erdogan verbessern....
"

Ich frage mich, ob es da nicht mehrere Meinungen in der Parteiführung gibt, den "Hauptfeind = USA"-Flügel und die Position gegen den deutschen Imperialismus...


  Kommentar zum Artikel von tolpatchow:
Montag, 19.02.2018 - 01:34

Schließe mich dem an, absolut notwendige Kritik!


  Kommentar zum Artikel von MARFA:
Sonntag, 18.02.2018 - 22:05

Vielen Dank dafür, finde ich super, dass eine Reaktion auf diese Erklärung kommt. Fand die furchtbar einseitig. Ein sicherer Weg, alle möglichen Bündnispartner zu vergrätzen, und gleichzeitig doch "geopolitisch" auf dünnem Eis gebaut.