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•NEUES THEMA16.01.2023, 17:39 Uhr
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• Heinrich Hannover gestorben
Wenn jemand fast 100 Jahre alt ist, muß man damit rechnen, es ist kein "plötzlich und unerwartet", aber eine traurige Nachricht ist es doch:
Der Rechtsanwalt Heinrich Hannover ist am 14. Januar, dem Tag der diesjährigen Rosa-Luxemburg-Konferenz, gestorben.
Eine kurze Info darüber heute in der jW, ein Nachruf wird folgen. Und vermutlich nicht nur éiner ..
Rechtsanwalt Heinrich Hannover verstorben
Worpswede. Wie junge Welt am Sonntag erfuhr, ist der Jurist, Autor und Antimilitarist Heinrich Hannover am Morgen des 14. Januar in Worpswede verstorben. Hannover, geboren am 31. Oktober 1925 in Anklam, verteidigte als Anwalt unter anderem Ulrike Meinhof, Hans Modrow und Günter Wallraff. Er schrieb neben zahlreichen Kinderbüchern unter anderem als Mitautor das Standardwerk »Politische Justiz 1918–1933«. In seinen Memoiren »Die Republik vor Gericht 1954–1995« heißt es: »So bin ich der Anwalt der kleinen Leute, der politisch oder religiös verfemten Minderheiten, der gegen das kapitalistische System und neue Einmischung in Krieg und Völkermord aufbegehrenden Generation geworden.« Ein Nachruf folgt. (jW)
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Der Rechtsanwalt Heinrich Hannover ist am 14. Januar, dem Tag der diesjährigen Rosa-Luxemburg-Konferenz, gestorben.
Eine kurze Info darüber heute in der jW, ein Nachruf wird folgen. Und vermutlich nicht nur éiner ..
Rechtsanwalt Heinrich Hannover verstorben
Worpswede. Wie junge Welt am Sonntag erfuhr, ist der Jurist, Autor und Antimilitarist Heinrich Hannover am Morgen des 14. Januar in Worpswede verstorben. Hannover, geboren am 31. Oktober 1925 in Anklam, verteidigte als Anwalt unter anderem Ulrike Meinhof, Hans Modrow und Günter Wallraff. Er schrieb neben zahlreichen Kinderbüchern unter anderem als Mitautor das Standardwerk »Politische Justiz 1918–1933«. In seinen Memoiren »Die Republik vor Gericht 1954–1995« heißt es: »So bin ich der Anwalt der kleinen Leute, der politisch oder religiös verfemten Minderheiten, der gegen das kapitalistische System und neue Einmischung in Krieg und Völkermord aufbegehrenden Generation geworden.« Ein Nachruf folgt. (jW)
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•NEUER BEITRAG20.01.2023, 02:50 Uhr
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arktika | |
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Hier nun der Nachruf von Frank Schumann in der jW vom 19. Jan.:
Ein politischer Kopf
Zum Tod des Rechtsanwalts und Antifaschisten Heinrich Hannover
Wolfgang Otto war 73, pensionierter Lehrer, ein ehrenwerter, frommer Mann, feinsinnig und humanistisch gebildet, dem – so war in seiner Heimatstadt Geldern zu vernehmen – dieser Prozess vorm Landgericht Krefeld aufgrund seines vorgerückten Alters nicht zuzumuten sei. Wolfgang Otto habe damals in Buchenwald, wie von ihm gewohnt, gewissenhaft und korrekt in der Schreibstube des Lagers nur seine Arbeit verrichtet.
Mit Verlaub: Als SS-Stabsscharführer war er die rechte Hand des Kommandanten. Fünf Jahre lang. Und er hatte am 18. August 1944 mit vier Genickschüssen Ernst Thälmann ermordet. »Ist zu exekutieren«, hatte SS-Oberscherge Heinrich Himmler auf einer Liste hinter den Namen des KPD-Parteivorsitzenden gesetzt. Ach, das sei kommunistische Propaganda, bekam ich zu hören.
»… ist zu exekutieren. Ein Steckbrief der deutschen Klassenjustiz« hieß auch ein Buch, das der DDR-Rechtsanwalt Friedrich Karl Kaul in FDJ-Verlag Neues Leben herausgegeben hatte. Den Ermittlungsbehörden in der DDR war der Thälmann-Mörder bekannt, sie stellten einen Auslieferungsantrag, auf den nicht reagiert wurde. Auch in der Bundesrepublik war seit 1959 gegen Wolfgang Otto ermittelt, sechsmal das Prüfverfahren eingestellt worden. Der BRD-Rechtsanwalt Heinrich Hannover hatte zweimal bei Oberlandesgerichten Prozesse erzwungen, die aber wegen »unzumutbarer Belastung« des Angeklagten mit Freisprüchen endeten. Nun aber, Mitte der 80er Jahre, wurde vorm Landgericht in Krefeld wieder verhandelt. Heinrich Hannover trat als Nebenklagevertreter der Tochter des Opfers auf, er hatte das Verfahren mit einer Klage vorm Oberlandesgericht Köln erstritten.
Die Junge Welt schickte mich nach Krefeld in den Sitzungssaal 157, um dem Prozess beizuwohnen und in der Zeitung darüber zu berichten. Neben Heinrich Hannover saß Irma Gabel-Thälmann, vor mir der DKP-Vorsitzende Herbert Mies, neben mir Kauls Partner Winfried Matthäus, der die Kanzlei des 1981 verstorbenen FKK-Juristen in Berlin weiterführte. Nun hatte die JW nicht das Geld, mich zu allen 32 Prozesstagen nach Krefeld fahren zu lassen, aber zu wichtigen Sitzungen schon.
Hannover war einfach brillant. Argumentierte logisch, benannte Zusammenhänge und Hintergründe, hatte ein klares Weltbild. Ein politischer Kopf, beileibe kein Kommunist, aber ein überzeugter Antimilitarist und Antifaschist, der schon seit den 50er Jahren Kriegsgegner verteidigt hatte. Erst jene, die gegen die Wiederbewaffnung in der Bundesrepublik kämpften, dann solche, die gegen den Vietnamkrieg der USA und später gegen die NATO-Aufrüstung auf die Straße gingen. (In den 90er Jahren verteidigte Hannover Vorstandsmitglieder der Grünen, die zu Kriegsdienstverweigerung und Fahnenflucht in Golfkrieg aufgerufen hatten.)
Am 15. Mai 1986 wurde Otto der Beihilfe für schuldig gesprochen und zu vier Jahren verurteilt. Dass es »in dieser verschleppten und von Justizversäumnissen wimmelnden Sache« (Heinrich Hannover 1988 im Revisionsverfahren vorm Landgericht Düsseldorf) überhaupt zu einem bemerkenswerten Schuldspruch gekommen war, verdankte die demokratische Öffentlichkeit Thälmanns Tochter und deren Anwalt Heinrich Hannover. In welchem Maße – das war in den Plädoyers der Staatsanwaltschaft in Krefeld kaum zu überhören. Diese hatte vernehmbar nur widerwillig Anklage erhoben.
Der Bundesgerichtshof revidierte 1987 das Urteil und stellte die gewohnte Ordnung wieder her, die in Krefeld im Jahr zuvor ein mutiger Richter in Frage gestellt hatte. Dieser Heinz-Josef Paul, so schrieb ich damals, hatte in seiner Urteilsbegründung betont, dass – im Gegensatz zu dem gehorsamen Otto – gerade deutsche Kommunisten ihr Leben im Widerstand riskiert hätten.
Im Wiederholungsverfahren zwei Jahre später, in dem Otto natürlich freigesprochen wurde, sagte Hannover in seinem Plädoyer mit Bezug auf einen RAF-Aussteiger: »Wie anders weiß der Bundesgerichtshof zuzupacken, wenn es nicht um einen Terroristen von rechts, sondern um einen linken geht.« Und schloss mit dem Satz: »Das ist deutsche Justiztradition.«
Heinrich Hannover, den 1986 die DDR als Dr. h. c. der Humboldt-Universität zu Berlin wegen seines vielseitigen Engagements ehrte, verstarb am 14. Januar mit 97 Jahren in Worpswede. Wieder ein mutiger Mensch weniger, der sich gegen Militarismus und Krieg leidenschaftlich gestemmt hatte.
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#HeinrichHannover
#RechtsanwaltHeinrichHannover
#RAHeinrichHannover
#ErnstThaelmann
#Thaelmann
Ein politischer Kopf
Zum Tod des Rechtsanwalts und Antifaschisten Heinrich Hannover
Wolfgang Otto war 73, pensionierter Lehrer, ein ehrenwerter, frommer Mann, feinsinnig und humanistisch gebildet, dem – so war in seiner Heimatstadt Geldern zu vernehmen – dieser Prozess vorm Landgericht Krefeld aufgrund seines vorgerückten Alters nicht zuzumuten sei. Wolfgang Otto habe damals in Buchenwald, wie von ihm gewohnt, gewissenhaft und korrekt in der Schreibstube des Lagers nur seine Arbeit verrichtet.
Mit Verlaub: Als SS-Stabsscharführer war er die rechte Hand des Kommandanten. Fünf Jahre lang. Und er hatte am 18. August 1944 mit vier Genickschüssen Ernst Thälmann ermordet. »Ist zu exekutieren«, hatte SS-Oberscherge Heinrich Himmler auf einer Liste hinter den Namen des KPD-Parteivorsitzenden gesetzt. Ach, das sei kommunistische Propaganda, bekam ich zu hören.
»… ist zu exekutieren. Ein Steckbrief der deutschen Klassenjustiz« hieß auch ein Buch, das der DDR-Rechtsanwalt Friedrich Karl Kaul in FDJ-Verlag Neues Leben herausgegeben hatte. Den Ermittlungsbehörden in der DDR war der Thälmann-Mörder bekannt, sie stellten einen Auslieferungsantrag, auf den nicht reagiert wurde. Auch in der Bundesrepublik war seit 1959 gegen Wolfgang Otto ermittelt, sechsmal das Prüfverfahren eingestellt worden. Der BRD-Rechtsanwalt Heinrich Hannover hatte zweimal bei Oberlandesgerichten Prozesse erzwungen, die aber wegen »unzumutbarer Belastung« des Angeklagten mit Freisprüchen endeten. Nun aber, Mitte der 80er Jahre, wurde vorm Landgericht in Krefeld wieder verhandelt. Heinrich Hannover trat als Nebenklagevertreter der Tochter des Opfers auf, er hatte das Verfahren mit einer Klage vorm Oberlandesgericht Köln erstritten.
Die Junge Welt schickte mich nach Krefeld in den Sitzungssaal 157, um dem Prozess beizuwohnen und in der Zeitung darüber zu berichten. Neben Heinrich Hannover saß Irma Gabel-Thälmann, vor mir der DKP-Vorsitzende Herbert Mies, neben mir Kauls Partner Winfried Matthäus, der die Kanzlei des 1981 verstorbenen FKK-Juristen in Berlin weiterführte. Nun hatte die JW nicht das Geld, mich zu allen 32 Prozesstagen nach Krefeld fahren zu lassen, aber zu wichtigen Sitzungen schon.
Hannover war einfach brillant. Argumentierte logisch, benannte Zusammenhänge und Hintergründe, hatte ein klares Weltbild. Ein politischer Kopf, beileibe kein Kommunist, aber ein überzeugter Antimilitarist und Antifaschist, der schon seit den 50er Jahren Kriegsgegner verteidigt hatte. Erst jene, die gegen die Wiederbewaffnung in der Bundesrepublik kämpften, dann solche, die gegen den Vietnamkrieg der USA und später gegen die NATO-Aufrüstung auf die Straße gingen. (In den 90er Jahren verteidigte Hannover Vorstandsmitglieder der Grünen, die zu Kriegsdienstverweigerung und Fahnenflucht in Golfkrieg aufgerufen hatten.)
Am 15. Mai 1986 wurde Otto der Beihilfe für schuldig gesprochen und zu vier Jahren verurteilt. Dass es »in dieser verschleppten und von Justizversäumnissen wimmelnden Sache« (Heinrich Hannover 1988 im Revisionsverfahren vorm Landgericht Düsseldorf) überhaupt zu einem bemerkenswerten Schuldspruch gekommen war, verdankte die demokratische Öffentlichkeit Thälmanns Tochter und deren Anwalt Heinrich Hannover. In welchem Maße – das war in den Plädoyers der Staatsanwaltschaft in Krefeld kaum zu überhören. Diese hatte vernehmbar nur widerwillig Anklage erhoben.
Der Bundesgerichtshof revidierte 1987 das Urteil und stellte die gewohnte Ordnung wieder her, die in Krefeld im Jahr zuvor ein mutiger Richter in Frage gestellt hatte. Dieser Heinz-Josef Paul, so schrieb ich damals, hatte in seiner Urteilsbegründung betont, dass – im Gegensatz zu dem gehorsamen Otto – gerade deutsche Kommunisten ihr Leben im Widerstand riskiert hätten.
Im Wiederholungsverfahren zwei Jahre später, in dem Otto natürlich freigesprochen wurde, sagte Hannover in seinem Plädoyer mit Bezug auf einen RAF-Aussteiger: »Wie anders weiß der Bundesgerichtshof zuzupacken, wenn es nicht um einen Terroristen von rechts, sondern um einen linken geht.« Und schloss mit dem Satz: »Das ist deutsche Justiztradition.«
Heinrich Hannover, den 1986 die DDR als Dr. h. c. der Humboldt-Universität zu Berlin wegen seines vielseitigen Engagements ehrte, verstarb am 14. Januar mit 97 Jahren in Worpswede. Wieder ein mutiger Mensch weniger, der sich gegen Militarismus und Krieg leidenschaftlich gestemmt hatte.
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