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Ein Blog, der Texte Donald Trumps verbreitet, den Unfalltod des österreichischen Rechtspolitikers Jörg Haider für ein Mossad-Attentat und die Mordserie des »NSU« für ein Komplott unter »Beteiligung von Geheimdiensten der Siegermächte« hält, möchte einem »alternativen Journalisten« einen selbstgestifteten Medienpreis überreichen. Ist das eine Meldung wert? Für die Fans des so Ausgezeichneten vielleicht, ansonsten wohl eher nicht. Die Verleihung eines »Kölner Karlspreises« an den ehemaligen RBB-Moderator Ken Jebsen, die der Blog mit dem anmaßenden Namen Neue Rheinische Zeitung (NRhZ) am Donnerstag in Berlin vornehmen will, wird erst zum Politikum gemacht. Denn nachdem der Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Die Linke) in einem Akt der Anmaßung auf Facebook gegen die Veranstaltung, die im städtisch geförderten »Kino Babylon« stattfinden soll, protestiert hatte, ist aus der Berliner Lokalposse ein handfester Streit innerhalb der Partei Die Linke geworden. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete Wolfgang Gehrcke beklagt »Zensur« und ruft nach Kündigung der Kinoräume für NRhZ (die mittlerweile nach einer einstweiligen Verfügung wieder aufgehoben worden sein soll) zu einer Protestkundgebung auf. Diese soll am heutigen 14. Dezember vor dem »Kino Babylon«, aber auch vor dem benachbarten Sitz der Linkspartei, dem Karl-Liebknecht-Haus, stattfinden. Oskar Lafontaine meldete sich am 6. Dezember ebenfalls via Facebook zu Wort, um zu fragen: »Wen hat Ken Jebsen umgebracht?« Weshalb, fragt der ehemalige Parteivorsitzende, solidarisiert sich der Vorstand der Linken mehrheitlich mit Lederers Kritik an Jebsen, der doch offenkundig kein Schwerverbrecher oder dergleichen ist? »Das ist eine bedenkliche Entwicklung«, so Lafontaine.

Doch nicht nur Kritik an Jebsens Positionen bringt seine Anhänger auf den Plan. »Solidarität mit Ken Jebsen!« fordert der Publizist Andreas Wehr auf seiner Webseite. Der jungen Welt unterstellt er in diesem Zuge »beispielloses Versagen«, nicht etwa weil sie die Raumkündigung gegen NRhZ und Jebsen für gut befunden hätte, sondern weil sie zu diesem Zeitpunkt noch gar nichts über die etwas provinzielle Berliner Geschichte veröffentlicht hatte.

Das Vorgehen dieser Kräfte ist nicht neu, auch die junge Welt sieht sich seit Jahren Angriffen ausgesetzt, weil sie das Milieu, das 2014 als in sich widersprüchliche Bewegung aus politischen Selbstvermarktern, getarnten Rechten und verirrten Friedensfreunden entstanden war, im Auge behält: »Die junge Welt wurde (seit Beginn der sogenannten Montagsmahnwachen 2014, Anm. d. Red.) immer wieder Teil einer breiten Medienfront gegen den neu entstandenen Teil der Friedensbewegung – angeführt von Schlachtschiffen des US-Imperialismus wie Spiegel, Welt und Taz«, behauptete beispielsweise der Vorsitzende des »Deutschen Freidenker-Verbandes«, Klaus Hartmann, im Jahr 2015 auf KenFM. Der bereits zitierte Andreas Wehr weiß: »Die Kampagne gegen Jebsen ist Teil eines ideologischen Kampfes, des Kampfes um die Sprache.«

Von Politikern wie Wehr, immerhin – laut eigener Auskunft im Internet – früherer Leiter des Büros des damaligen Westberliner Bürgermeisters Walter Momper (SPD), ist anzunehmen, dass sie sich nicht unbesehen für jemanden verwenden, dessen Ansichten sie nicht kennen und teilen. Was für ein »ideologischer Kampf«, welcher »Kampf um die Sprache« wird von Jebsen und seinen Freunden geführt? Wofür steht das Medienprojekt KenFM, das Verbündete bis in den Funktionärsapparat der Linkspartei hinein findet?

Keine Unterschiede?

Im KenFM-Video »NachdenKEN über: ›Der 3. Weltkrieg‹«, in dem es um die Kriegsvorbereitungen von USA und NATO gegen Russland geht, gibt Jebsen (ab Minute 29:25) ein Beispiel für sein Verständnis vom »Kampf um die Sprache«: Es »gibt kein ›links‹ und kein ›rechts‹« (…) Die ganzen Kategorien ›rechts‹ und ›links‹ sind von den wenigen Besitzenden erfunden worden, damit man sich unten die Köpfe einschlägt (…), um uns hineinzutreiben in den Weltkrieg (…). Wir sitzen alle im selben Boot!«

Der Unterschied zwischen Faschisten und Antifaschisten ist demzufolge also ein rein konstruierter, um – wen – zu spalten? Die Bevölkerung eines besetzten Landes, Deutschlands. Denn auch die These vom »Vasallenstaat« BRD findet sich bei Jebsen. Noch 2013, bevor er seine öffentlichkeitswirksame Zusammenarbeit mit Jürgen Elsässer einstellte, trat Jebsen gemeinsam mit dem schon damals deutlich erkennbar rechtsgewendeten Blattmacher bei »Compact live« zum Thema »Big Brother USA hält Deutschland besetzt« auf. Im April 2014, immerhin ausdrücklich als Reaktion auf die ihm vielfältig entgegengebrachte Kritik, verkündete er dann: »Sie behaupten, ich würde für Compact schreiben. Falsch. Ich schreibe für KenFM. Nur, Compact übernimmt den ein oder anderen Text. Unverändert. Exakt derselbe Beitrag erscheint dann aber auch beim Kritischen Netzwerk oder der NRhZ. Fällt Ihnen auf, dass es sich hier um ziemlich linke Medien handelt, während Compact eher im konservativen Raum zu verorten ist? Mir geht es um Reichweite. Ich will, dass beide ›Lager‹ (Linke und Rechte, Anm. d. Red.) erkennen, dass sie extreme Schnittmengen haben. Um miteinander zu arbeiten, nicht gegeneinander, und diese überschüssige Energie positiv nutzen können« (im Ken-FM-Video »Klarstellungen zu den Friedensmahnwachen«). Ins selbe Horn stieß im gleichen Monat bei einer Berliner »Montagsmahnwache« auch Elsässer, der ebenfalls die Kategorien rechts und links für überholt erklärte und zur Bildung einer »Querfront« aufrief. Elsässer selbst hat lange schon einen anderen Weg eingeschlagen und sich mit der offenen Rechten verbündet, doch objektiv ist Jebsens wiederholte Behauptung, es gebe keine Rechten und Linken mehr, genau das, was Elsässer damals vorschlug: Übertölpelung von Linken, um sie mit Rechten zusammenzuführen.

Mit Jebsens geschichtsvergessener Sicht der Dinge hat nicht nur die junge Welt Probleme. Auch im Freidenker-Verband, dessen Bundesvorsitzender sich seit Jahren für Jebsen engagiert, stößt diese bedingungslose Unterstützung auf Widerspruch: »Ein Abweichen von der Linie: ›Der Hauptfeind steht im eigenen Land – und das ist der deutsche Imperialismus‹, die Sichtweise, dass es hauptsächlich gegen das ›Imperium‹ (den US-Imperialismus) gehen müsse, zieht Folgen nach sich, wer als Bündnispartner, gar als ›Antiimperialist‹ betrachtet wird«, schrieb Volker Veeser am 3. Dezember in seiner Rücktrittserklärung als Vorstandsmitglied der nordrhein-westfälischen »Freidenker«. Und er schlussfolgert: »Die Zusammenarbeit von ›Freidenker‹-Funktionären und Gliederungen der ›Freidenker‹ mit Ken Jebsen und der Musikgruppe ›Die Bandbreite‹ ist nicht neu. Kritische Stimmen haben diese Zusammenarbeit nicht gelockert oder beendet, sondern das Gegenteil ist der Fall. Das gipfelt nun in dieser Preisverleihung. Mir reicht es jetzt!«

Häufig ist von seiten seiner Verteidiger zu hören, die Vorwürfe gegen Jebsen seien »erfunden«, »erlogen« oder »konstruiert«. Das Internet, Jebsens Medium, ist schnellebig. In seinem Austrittsschreiben hat Veeser indes dort getätigte Äußerungen des KenFM-Betreibers umfangreich aufgelistet. Sie sollen nach seinem Dafürhalten verdeutlichen, warum sich für Aufklärer und Antifaschisten, Verteidiger der Vernunft und Kämpfer für die Wahrheit eine Zusammenarbeit mit einem solchen Manne verbietet. Diese Hinweise wollen wir an dieser Stelle, redaktionell ergänzt, verfügbar machen.

One-Man-Show

Das von Ken Jebsen betriebene Medienportal KenFM bezeichnet sich in seiner Eigendarstellung (»Über KenFM«) als »medialer Mülltrenner«. Auf der Seite schreiben unterschiedliche Autoren in vielfältigen Formaten. Einzelne Artikel vertreten gelegentlich linke, andere rechte Standpunkte. So wird einerseits über die Oktoberrevolution, die sich unlängst jährte, geraunt, es habe sich um eine von fremden Geheimdiensten eingefädelte »gewaltsame Machtergreifung einer Minderheit« gehandelt, deren Ziel ein »immer ausschweifenderes Luxusleben« einer »machthabenden Funktionärskaste« gewesen sei (»Tagesdosis 4.11.2017: Die Russische Revolution 1917«). Wenige Tage später erscheint ein gegenteiliger Kommentar, der auf den sozialen Charakter der Revolution verweist (»Tagesdosis 6.11.2017: Revolution und Konterrevolution«). Dieser objektivistische Standpunkt, den sich KenFM zu eigen macht, unterscheidet sich zunächst nicht grundsätzlich vom Herangehen etablierter bürgerlicher Medien. Doch für KenFM spricht vor allem eine Person, nämlich Gründer und Betreiber Jebsen selbst. Sein Konterfei in Großaufnahme ist auf der Startseite des Portals gleich vielfach zu sehen, sein Vorname taucht in vielfacher Variation auf. Sein Prinzip des »Mülltrenners« erklärt Jebsen so: »Die Schuldigen sind die Medien (…), schaut diesen Müll nicht noch. Das müsst ihr auch gar nicht. Ich schau’ diesen Müll und verarbeite das in ›Me, myself and Medien‹ (eine Internetsendung Jebsens, Anm. d. Red.). Das reicht, mehr müsst ihr gar nicht gucken.« (Auftritt auf der Berliner »Montagsmahnwache« am 16.3.2015).

Dieser überhebliche Gestus eines Gurus, der seinem Publikum vom Gebrauch des eigenen Kopfes ausdrücklich abrät und es statt dessen anhält, die Welt nur noch durch die eigene Brille gefiltert wahrzunehmen, durchzieht die ganze Webseite. Durch die Omnipräsenz des Gründers, Machers und Namensgebers müssen Jebsens eigene Äußerungen auf KenFM als programmatisch verstanden werden. Was also »ist dran am ›Phänomen Ken Jebsen‹?« (so eine rhetorische Frage Jebsens an sich selbst).

Der Medienmacher gefällt sich in der Rolle des Provokateurs – gegen die etablierte bürgerliche Konkurrenz, gegen Linke und den Parlamentarismus. Auf der bereits erwähnten »Mahnwache« im März 2015 erklärte er die »sogenannte linke Presse« zum »Feind in diesem Land«. Es scheint also doch Linke zu geben – zumindest wenn Jebsen mit ihren Meinungen nicht einverstanden ist. Kritik an Rechten steht hingegen nie auf seinem Sendeplan – auch nicht, wenn er sie als Studiogäste zum Interview begrüßt. Der Autor des rechtsesoterischen Kopp-Verlags Gerhard Wisnewski konnte etwa im März 2017 auf KenFM behaupten, die »Flüchtlingskrise« sei im Interesse der »Desorganisation Deutschlands« bewusst herbeigeführt worden, mit »massenhaft Migrantenkindern«, die nicht »lernbereit« seien. Widerspricht Jebsen, hakt er kritisch nach? Fehlanzeige.

»Mein Vorbild ist die Natur«, so der »Friedensfreund« im Mai 2014 vor dem Brandenburger Tor: »Im Wald gibt es keinen Krieg, der Wald produziert keinen Müll! Stellt euch mal vor, Zugvögel, die schaffen es jedes Jahr nach Afrika! Wenn die das demokratisch organisieren würden, kämen sie nur bis Sylt!« – »Nein«, schlussfolgerte Jebsen vor der »Montagsmahnwache für den Frieden«: »Die fliegen bis Afrika, ohne lange herumzudiskutieren, und die halten sich an ein Gesetz, ein natürliches Gesetz! Ohne Demokratie! Die Natur ist schlau genug!« (auf der »Mahnwache« in Berlin am 5.5.2014)

Im November 2015 trat Jebsen als Redner bei »Wir sind Deutschland – nur gemeinsam sind wir stark« im vogtländischen Plauen auf. Vor dieser im Dunstkreis der Pegida-Aufmärsche entstandenen lokalen Protestinitiative (mit der ehemaligen Pegida-Sprecherin Kathrin Oertel als prominenter Teilnehmerin) ging er auf mutmaßlich islamistische Terroranschläge ein und forderte zwar einerseits, die »Würde des Menschen zu achten«, und kritisierte Waffenexporte sowie die NATO, sprach aber andererseits seinen Zuhörern aus der Seele, als er eine einfache Lösung für das die Teilnehmer bewegende Flüchtlingsthema anbot: »Wir sollten (der NATO-Airbase, Anm. d. Red.) in Ramstein den Hahn zudrehen! Wir sollten alle Flüchtlinge, die hierherkommen, nach Ramstein bringen! Das sollten wir machen! Da ist Platz, da ist Infrastruktur, da gibt es Krankenhäuser!« (Rede von Ken Jebsen in Plauen, 8.11.2015)

Anderen geht dieser Vorschlag sicher nicht weit genug. Es ist schließlich keineswegs so, dass es »vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Flüchtlingskrise« (Andreas Wehr) einen tatsächlichen humanistischen und antirassistischen Konsens zur Flüchtlingsfrage in der Linken, Partei wie Bewegung, gäbe. So irritieren grenzwertige Aussagen wie die von Jebsen oder seinen Freunden keineswegs alle, die ein linkes Parteibuch haben. »Zum modernen Nationalstaat gehört das Recht der in ihm lebenden Bevölkerung, darüber zu entscheiden, wer in ihn einwandern darf«, interpretiert Andreas Wehr das deutsche Grundgesetz (im Dezember 2015 im Newsletter seines »Marx-Engels-Zentrums«) – und stellt sich gegen dessen Inhalt, denn einen plebiszitären Entscheid zum Asylrecht sieht die Verfassung nicht vor. Doch Wehr ist ernsthaft besorgt: »Kein Volk der Erde wird auf Dauer eine ungesteuerte Zuwanderung hinnehmen, wie es gegenwärtig in Deutschland der Fall ist.«

Laut Jebsen werden Flüchtlinge aus »Rache« gegen vom Westen begonnene Kriege zu Terroristen, und die Regierung könne »uns, die Bevölkerung, nicht vor Terror schützen« - daher: »Es reicht! Wir müssen zum Kanzleramt! Egal, aus welcher Richtung ihr kommt. Der Friede ist nicht rechts, der Friede ist nicht links«. So variierte er im Juli 2016 sein politisches Mantra in einem Aufruf zu einer Demonstration (»nachdenKEN«, 27.7.2016). »Ich wette, dass wir es schaffen, uns am 1. Oktober vor dem Kanzleramt aufzubauen, und zwar mit 25.000 Leuten oder mehr, und sagen: ›Wir haben es einfach satt!‹« Denn: »Der Ausnahmezustand im wiedervereinigten Deutschland ist nur noch eine Autobombe entfernt.«

Antiamerikaner pro Trump

Zwar ist es Jebsen nicht gelungen, 25.000 Menschen zusammenzubringen (am 1.10.2016 demonstrierten rund 1.500 Personen vor dem Berliner Kanzleramt, neben Jebsens Anhängern zeitgleich noch eine zweite Gruppierung, die »Friedensfahrer Berlin-Moskau«). Doch anderswo war der vermeintliche Umsturz erfolgreicher: »Freunde, heute ist ein guter Tag«, frohlockte Jebsen am 14. November 2016 anlässlich der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten in seiner Sendereihe »nachdenKEN«. »Als ich heute morgen das gehört habe, ich habe die halbe Nacht wach gelegen und sah, dass sich die Prognose so abzeichnete, wie ich mir das gewünscht habe, habe ich gedacht: ja! Endlich stehe ich mal hinter einem amerikanischen Präsidenten.« Nicht nur hierin ist er mit der NRhZ, die ihn nun auszeichnen möchte, einer Meinung. Dort firmiert Trump »als Hoffnungsschimmer für Amerika und die Welt«.

Auch die Verfasser eines Jubelartikels auf den damals frisch gewählten US-Präsidenten (er »wird die Welt positiv verändern«), den KenFM kurz nach der Wahl in Zweitverwertung veröffentlichte, wusste schon damals genau, was der Machtwechsel in Washington bringen wird: »Deshalb wird Trump in seinem zukünftigen politischen Leben reifen. Politik und Verwaltung Amerikas werden stabil weiterlaufen. Veränderungen und Erneuerungen werden kommen, und das ohne Chaos.« Der Text stammt aus der Redaktion der Epoch Times (KenFM, 13.11.2016: »Trumps Sieg eröffnet der Welt eine neue Ära«). Die Epoch Times, früher Die Neue Epoche, ist ein auf deutsch und chinesisch erscheinendes Organ aus dem Umfeld der in China verbotenen Psychosekte »Falun Gong«. Das Blatt hat allerdings vor wenigen Jahren eine ganz erstaunliche Kehrtwende vollzogen: Anfänglich vor allem der Hetze gegen die Volksrepublik China verpflichtet, bläst das zumindest früher in hoher Auflage gedruckte Medium seit Beginn der sogenannten Flüchtlingskrise auch unverhohlen ins Horn von Pegida und AfD – und von KenFM. Als »bahnbrechende Rede gegen Angst und Hysterie« feierte die Epoch Times beispielsweise am 9. November 2015 Jebsens bereits zitierten Auftritt vor »Wir sind Deutschland« in Plauen: »Selten war eine seiner Reden so geeignet, seinen politischen Standpunkt klarzustellen, wie diese Rede über seine und unser aller Wahrhaftigkeit.« Eine ausgesprochen merkwürdige Allianz, zumal bis heute wenig über die organisatorischen und finanziellen Hintergründe der Epoch Times und des illustren deutsch-chinesischen »Dissidentenmilieus« in der BRD bekannt ist.

Der Freude über die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten liegt eine spezifische und bemerkenswert banale Annahme über die Art und Weise zugrunde, wie die US-Gesellschaft angeblich funktioniert. Demgemäß hätten in den Vereinigten Staaten bisher Hintermänner mit sinistren Absichten die Strippen gezogen. In einem Audioclip vom Frühjahr 2012 lässt sich nachhören, welche Hintermänner das sein sollen. Nun wird der Vorwurf, dass Jebsen ein Antisemit ist, von seinen Verteidigern brüsk zurückgewiesen. Dies sei wie so oft das übliche Pauschalurteil, um Kritiker mundtot zu machen, sei Rufmord. Doch der Inhalt dieses knapp einstündigen Audioclips mit dem Titel »Zionistischer Rassismus« lässt von Anfang bis Ende eine antisemitische Webart erkennen: von der Unterstellung, Juden kontrollierten in den USA vermöge ihres Reichtums Politik und Medien, über die Gleichsetzung von Zionismus und Nazismus bis hin zur Relativierung des Holocaust. Die folgenden Zitate sind dem genannten Clip entnommen.

Juden gleich Zionisten?

Die »Drahtzieher« der imperialen Politik der USA sind gemäß Jebsens Auffassung »radikale Zionisten«, Menschen mit »jüdischen Roots«, »deren Hobby Israel ist«. »Sämtliche Machtzentren der USA«, die »führenden Massenmedien« und »das Propagandamedium Film, sprich Hollywood«, würden von der »proisraelischen Lobby« kontrolliert bzw. »von bekennenden Zionisten geführt«. Deren »Macht basiert auf der zur Perfektion geführten Disziplin der Manipulation der öffentlichen Meinung. Dazu benötigt man in unserem Wirtschaftssystem vor allem – Geld, viel Geld, wahnsinnig viel Geld. Zwei bis drei Prozent der Amerikaner haben jüdische Roots, zum Vergleich: 25 Prozent haben deutsche.« Die Beweisführung: »Im Gegensatz zur deutschen Community stellen die zwei bis drei Prozent der US-Amerikaner mit jüdischen Roots aber 25 bis 30 Prozent der reichsten Familien des Landes. (…) Dieses Geld wird überall eingesetzt, um eigene Interessen durchzusetzen. (…) Man könnte meinen, diese Interessen wären vor allem auch US-Interessen, aber das wirkt nur von außen so. Die Israel-Lobby in den USA (…) (teilt) als größten gemeinsamen Nenner vor allem die Idee, ›Israel zuerst!‹« (ab Minute 9:00)

Jebsen scheint besessen von dem Gedanken, »die Zionisten« begingen Greueltaten, die jene der Nazis noch überträfen. Minute 14:59: »Das gemeinsame Hobby dieser Zio-Cons ist die Schaffung eines israelischen Großreichs, konkret: ein Israel ohne Palästinenser. (…) Ins Altdeutsch übersetzt: Israel strebt in Palästina die Endlösung an, klassischer Genozid.« Minute 27:24: »Zionismus ist, in seiner ganzen Radikalität zu Ende gedacht, ziemlich identisch mit der Rassenideologie der Nationalsozialisten.« Die »Holocaustindustrie« der »proisraelischen Lobby« besitze »die Copyright-Rechte« am Begriff und erkläre »permanent, dass der Holocaust unique sei, einmalig, mit nichts zu vergleichen, ein absolutes Novum in der Geschichte der Menschheit, für immer und ewig, wie der Urknall. Dem wagt kaum einer zu widersprechen. Das einzige, was am Holocaust der Nazis einmalig ist, ist sein Datum« (ab Minute 31:00). Von dieser Feststellung ausgehend, gelangt Jebsen zu weiteren Befunden. Minute 33:00: »Doch ebenfalls, noch bevor Adolf Hitler mit seiner Endlösung angefangen hatte, kam es in der UdSSR zu einem Holocaust. 1933 ließen die Russen innerhalb eines Jahres sieben Millionen Ukrainer vorsätzlich verhungern (…). Auschwitz war also eine Wiederholung und rutscht damit in den Holocaust-Charts auf Platz zwei.« Und mit Blick auf den Landraub in Nordamerika und den Massenmord an den Native Americans, begangen von den weißen Siedlern, »rutscht« nach Jebsens apodiktischem Urteil »der Holocaust der Nazis in der Unterdisziplin Raub ebenfalls auf Platz zwei der größten Verbrechen der Menschheit« (Minute 36:00).

Vom Wirken der »Zionisten« steht, zu diesem Schluss gelangt der ehemalige Radiomoderator, Schlimmeres zu erwarten als das, was die Nazis getan haben: Wenn der Politik Israels nicht bald Einhalt geboten werde, heißt es abschließend, »wird es bald kein palästinensisches Volk in Palästina mehr geben. Was Adolf Hitler während der Schoah mit den Juden nicht gelungen ist, hätten radikale Zionisten mit den Palästinensern dann erreicht: die Endlösung« (Minute 56:03).

»Habe ich nicht vorgetragen«

Dieser gesteigerte Wahn war selbst treuesten Verbündeten unangenehm – zumindest im Hinblick auf eine weitere politische Verwendbarkeit Jebsens. In der Sendung »KenFM im Gespräch« vom Mai 2014 belehrt der frühere ATTAC-Aktivist Pedram Shahyar seinen Mitstreiter, dass Relativierungen und Nazivergleiche unstatthaft seien. Jebsen zeigt sich reuig: »Das war falsch, da sag’ ich sorry. Aber das war Absicht.« Anerkannt wird eine überzogene Emotionalität, zurückgenommen die Methode der »Kritik«, bedauert die verfehlte Wirkung, nicht aber der Inhalt und das, worauf dieser vorgelesene Text verweist: Auf ein geschlossen antisemitisches Weltbild. Shahyar genügte damals die inszenierte Entschuldigung. Und im Zweifel will Jebsen das alles auch gar nicht gesagt haben. Das Tondokument jedenfalls ist bei KenFM nicht mehr zu finden, und Journalisten von »Spiegel TV« beschied er im Dezember 2014, auf Passagen aus »Zionistischer Rassismus« angesprochen, mit den Worten: »Habe ich nicht vorgetragen«. Das ist eine bekannte Masche. Auch sein Bekenntnis zu Trump vom November 2016 wollte er eine Woche später so nicht gemeint haben: Da sei »sehr viel Sponteinität und schauspielerische theatralische Dynamik« gewesen.

Dies alles sollte man wissen, bevor man sich für Jebsen in die Bresche wirft – und man sollte annehmen, dass es diejenigen wissen, die es trotzdem für geboten halten, ihn zu verteidigen. Es gilt weniger, den Blick auf Jebsen zu richten, der als politischer Selbstvermarkter unterwegs ist und sich dementsprechend – als »kleiner Selbständiger« – zielgruppenopportunistisch verhält. Wichtiger ist die Frage, welche Richtung diejenigen Kräfte einschlagen wollen, die Jebsen vehement gegen jede Kritik verteidigen. Manche von ihnen haben sich schließlich früher in der politischen Linken verortet.

Ein einmaliger Ausrutscher waren die Vergleiche zwischen Nazis und Zionisten ohnehin nicht, wie sich etwa in dem Audioclip »Kai-ROH!« vom Januar 2014 nachhören lässt. Auch das liegt beinahe vier Jahre zurück, Läuterung wäre also nicht ausgeschlossen. Was aber ist davon zu halten, dass in der Rubrik »Ken FM am Set« ein Vortrag des in Israel geborenen und derzeit in England lebenden Jazzmusikers Gilad Atzmon unkommentiert gezeigt wird? Von dem stammen unter anderem solche Sätze: »Die Todesmärsche der Nazis waren eigentlich human«. Ein Auftritt Atzmons wird bei der Verleihung des von der NRhZ ausgelobten Preises für Ken Jebsen Teil des Kulturprogramms sein. Im und vor dem »Kino Babylon« kommt am Donnerstag somit zusammen, wer zusammengehört.


Verwendete Quellen:

Zitierte Äußerungen von Ken Jebsen

- »nachdenKEN über: ›Der 3. Weltkrieg‹«
- »Klarstellungen zu den Friedensmahnwachen«
- Auftritt auf der Berliner »Montagsmahnwache« am 16.3.2015 (»Ich habe keine Angst«)
- Auftritt auf der Berliner Montagsmahnwache am 5.5.2014
- Auftritt in Plauen am 8.11.2015
- »nachdenKEN über: Wer Wind sät…«, 27.7.2016
- »nachdenKEN über: Trump gewinnt die US-Wahl«, 14.11.2016
- »nachdenKEN über: Donald Trump und Antiamerikanismus«, 22.11.2016
- Von der KenFM-Seite entfernter Beitrag: »Zionistischer Rassismus«
- »KenFM im Gespräch mit: Pedram Shahyar (Attac)«
- »KenFM über: Kai-ROH!«
- Jebsen zu »Spiegel TV« im Dezember 2014

Zitate anderer im Text erwähnter Personen

- Andreas Wehr: »Solidarität mit Ken Jebsen!«
- »KenFM im Gespräch mit: Gerhard Wisnewski (›Verheimlicht, Vertuscht, Vergessen 2017‹)«
- KenFM am Set: Gilad Atzmon
- Gilad Atzmon über Todesmärsche



Aus der Tageszeitung junge Welt, 14.12.2017. Jetzt abonnieren!


 
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  Kommentar zum Artikel von Rainer:
Dienstag, 27.03.2018 - 22:17

Wie ist die ganze Sache mit Jebsen und den "Arbeiterfotografen" eigentlich ausgegangen ? So vier Monate später kann man ja mal fragen...

Also.: die Arbeiterfotografen halten verbissen an ihrem Antisemiten Gilat Atzmon fest. Keine Ausgabe der "NRhZ" wo der Mann nicht seitenweise abgefeiert würde.

Und Jebsen,der sich ja angeblich distanziert und den Antisemitismus des Atzmon angeblich abgelehnt hat ? (wofür es natürlich keine Belege gibt.?) schreibt der "NRhZ" dieser Tage folgendes in Stammbuch :

"Bei einem Treffen mit der NRhZ-Redaktion Anfang März 2018 erklärt Ken Jebsen: "Schwamm drüber, was sich da alles abgespielt hat. Und wieder von vorne anfangen! Die Kommunikationslinien – wenn das jemand wollte – sind NICHT zerstört, sie sind stabilisiert.""

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  Kommentar zum Artikel von Rainer:
Freitag, 05.01.2018 - 00:57

Der Vollständigkeit halber auch noch mal hier :

"Der Deutsche Freidenker-Verband, Landesverband Nord e. V. wünscht der XXIII. Internationalen Rosa Luxemburg Konferenz wieder ein erfolgreiches Gelingen.

Wie in den vielen letzten Jahren ist die Konferenz am Tag vor der Ehrung der ermordeten Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ein wichtiges Signal für den Kampf um Frieden, Völkerverständigung, interkulturellen Dialog, gegen Antisemitismus und für die Verbreitung und Bekanntmachung der junge Welt. Die Tageszeitung ist für eine aufklärerische Berichterstattung unverzichtbar.


Leserinnen, Leser, Organisationen, Vereine und Parteien dürfen und sollen sich mit Inhalten auseinander setzen und auch aus unserer Sicht kritisch begleiten.

Für uns ist es aber befremdlich, wenn bei der umstrittenen Preisverleihung der Internetzeitung NrhZ an Ken Jebsen im Kino Babylon (Berlin) am 14. Dezember 2017 der Verbandsvorsitzende des Deutschen Freidenker-Verband e. V., Klaus Hartmann, zum Thema „Fake News“ referiert und hier die junge Welt mit in diese Kategorie einbezogen wird. Für uns spielt die junge Welt nicht "die publizistische Kompanie der NATO-Kriegstreiber", wie von Klaus Hartmann behauptet.

Der Vorstand des DFV Nord e. V. sieht die junge Welt anders verortet und wünscht ihr weiter eine erfolgreiche tägliche Arbeit und vor allen Dingen auch weiter zahlreiche Internationale Konferenzen.

Vorstand des DFV Nord e. V."


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  Kommentar zum Artikel von Rainer:
Donnerstag, 28.12.2017 - 13:03

Die NRhZ mag sich von ihrem Holocaustleugner Atzmon nicht trennen, es sieht nach Streit in der Querfront aus :

"Schließlich, am 9. November, wurde auf Anregung von Evelyn Hecht-Galinski mit freudiger Zustimmung der britische Jazzmusiker Gilad Atzmon ins Programm aufgenommen. Das war sehr gut nachvollziehbar, denn bei KenFM ist zu lesen: „Neben dem künstlerischen Ausdruck besticht der 1963 in Israel geborene und heute in London lebende Künstler durch seine politische Haltung. Gilad Atzmon ist ein Anti-Imperialist. Die Freiheit des Menschen geht ihm über alles und so setzt er sich seit Jahren für das Ende der Unterdrückung der Palästinenser ein. Damit macht man sich nicht nur Freunde... Als Atzmon dann auch noch in Buchform die Ideologie seiner Heimat, den Zionismus, als rassistisch brandmarkte, bekam er massive Probleme mit der Israel-Lobby. Atzmon wäre aber nicht Atzmon, wenn er hier nicht mit jüdischem Humor reagieren würde. Atzmon ist ein begnadeter Musiker, aber vor allem seine politische Haltung, sein nicht Wegducken, wenn es um Menschenrechte geht, machen ihn zu einer herausragenden Persönlichkeit."...
Die Störmanöver kamen von außen (Springers WELT bis "junge Welt") aber auch von "innen" – aus dem Umfeld des Preisträgers. Dabei ging es insbesondere um den britischen, aus Israel stammenden Jazz-Musiker Gilad Atzmon. Wie auch weitere an der Preisverleihung Beteiligte bzw. Unterstützer – Daniele Ganser, Evelyn-Hecht-Galinski, DIE BANDBREITE, Muslim-Markt – und der Preisträger Ken Jebsen selbst, wurde und wird Gilad Atzmon von einer breiten (Quer-)Front von "rechts" bis tief hinein in die "Linke" angegriffen. Bereits bei der Gerichtsverhandlung um die Einstweilige Verfügung gegen die widerrechtliche Annullierung des Mietvertrags wurden extreme, unhaltbare Beschuldigungen gegen Gilad Atzmon vorgetragen: er sei einer von denen, die Menschen wie den von einem "amerikanischen Juden" abstammenden Babylon-Betreiber auf den Scheiterhaufen bringen wollen. Nur wenige Tage vor der Preisverleihung kam aus dem KenFM-Umfeld die Forderung, Gilad Atzmon auszuladen – mit Begründungen, die sich stichprobenartig schnell widerlegen ließen. Prinz Chaos II. bezeichnete den Preis auf seiner Facebook-Seite als „vergiftetes Geschenk“. Das alles hatte dem Preisträger Ken Jebsen schwer zu schaffen gemacht, so dass er auch gesundheitlich angeschlagen war. So entwickelte sich sein Entschluss, an der Preisverleihung nicht persönlich teilzunehmen – ein Entschluss, von dem wir erst am Tag der Preisverleihung erfuhren.

Meinungsfreiheit "nur nicht unbedingt hier" im Babylon

Und auch unmittelbar vor und während der Preisverleihung selbst ging die Auseinandersetzung weiter. Am Abend zuvor sprach der Kino-Betreiber rechtswidrig ein Kameraverbot aus und darüber hinaus ein Hausverbot gegen Gilad Atzmon. Neben dem von Seiten der NRhZ bestellten Sicherheitsdienst orderte der Kino-Betreiber einen ihm weisungsgebundenen weiteren Sicherheitsdienst. So sollte erreicht werden, dass niemand mit Kamera ins Kino kam – was allerdings nicht vollständig gelang – auch Dank der eingeschalteten Polizei. Und auch das Aussperren von Gilad Atzmon, der zuvorderst als Jazz-Musiker auftreten sollte, gelang nicht. Was allerdings gelang, war, dass der Kino-Betreiber zu Beginn der Veranstaltung vor das Publikum trat und den Preisträger wie auch Gilad Atzmon als Rassisten beschimpfte. Und er offenbarte, er habe nichts gegen Meinungsfreiheit – "nur nicht unbedingt hier" im Babylon"

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Ansonsten ist der Artikel bei der NRhZ auch ein Beispiel für partielle Realitätsverleugnung. Objektiv war die Preisverleihung ein maximaler Reinfall. Streit hinter den Kulissen, Preisträger kommt nicht, in Zukunft Hausverbot im Kino Babylon für die ganze Bande.

Das vor versammelter Mannschaft vorgetragene Statement von Babylon-Betreiber Timothy Grossman ist übrigens auch recht geil. Es gibt davon nen Audiomitschnitt, den ich hier gern poste, wenn ich ihn auf die passende Größe gekriegt hab.


  Kommentar zum Artikel von RevLeft:
Mittwoch, 27.12.2017 - 23:26

Alles wissenswerte zu Jebsen aus kommunistischer Sicht hat auch Olaf Mathes in der UZ zusammengefasst:
"Die Kreuz-und-Quer-Front
Olaf Matthes zu Ken Jebsen und der Friedensbewegung I Ausgabe vom 22. Dezember 2017
Diese Zei­tung be­zieht Stel­lung, wenn Linke als Quer­front be­schimpft, Kri­tik am is­rae­li­schen Staats­ras­sis­mus als An­ti­se­mi­tis­mus ver­leum­det, kri­ti­sche Fra­gen zur Rolle der Ge­heim­diens­te als Ver­schwö­rungs­theo­ri­en ab­ge­stem­pelt wer­den. Der Herr Kul­tur­se­na­tor Le­de­rer (Links­par­tei) steht für eine Strö­mung in der Lin­ken, die so furcht­bar eman­zi­pa­to­risch ist, dass sie von einer kla­ren Hal­tung gegen im­pe­ria­lis­ti­sche Krie­ge ab­rückt und sich ins bür­ger­li­che Sys­tem in­te­griert. Le­de­rer hat seine Macht als Mit­glied einer bür­ger­li­chen Lan­des­re­gie­rung be­nutzt, um die Preis­ver­lei­hung an Ken Jeb­sen zu zen­sie­ren. Aber als der Links­par­tei­vor­stand sich von Jeb­sen dis­tan­ziert hat und Links­par­tei­po­li­ti­ker da­ge­gen vor der ei­ge­nen Par­tei­zen­tra­le de­mons­triert haben, ging es nicht nur darum.
Für wel­che Linie steht Ken Jeb­sen? Er selbst be­strei­tet gerne, über­haupt eine Linie zu ver­tre­ten – sein Por­tal KenFM gebe nur eine Platt­form, um kri­ti­sche Geis­ter zu Wort kom­men zu las­sen. Jeb­sen und sein Por­tal, so stellt er es dar, sind ir­gend­wie ganz be­son­ders kri­tisch, dabei ganz und gar un­vor­ein­ge­nom­men – so un­vor­ein­ge­nom­men, dass die tra­di­tio­nel­le Un­ter­schei­dung zwi­schen links und rechts für ihn nicht wich­tig ist.
Des­halb bie­tet KenFM die Platt­form, um kreuz und quer jede kri­ti­sche Frage auf­zu­wer­fen: Viel­leicht un­ter­stützt die NATO in der Ukrai­ne Fa­schis­ten? Viel­leicht kom­men die Flücht­lin­ge des­halb nach Deutsch­land, weil dunk­le Mäch­te sie als „Mi­gra­ti­ons­waf­fe“ ein­set­zen? Viel­leicht ste­hen hin­ter der Po­li­tik der Bun­des­re­gie­rung die In­ter­es­sen von Ban­ken und Kon­zer­nen? Viel­leicht hat der „so­ge­nann­te Kli­ma­wan­del“ über­haupt nichts mit CO2 zu tun, son­dern wird von ge­hei­men La­ser­waf­fen ver­ur­sacht? Jeb­sens al­ler­kri­tischs­te Kri­tik ist ein Misch­masch von Tat­sa­chen und ir­ra­tio­na­len Spe­ku­la­tio­nen.
Diese „Un­vor­ein­ge­nom­men­heit“ ist die Linie, die Jeb­sen und an­de­re, die sich als „neue Frie­dens­be­we­gung“ sehen, in die Frie­dens­be­we­gung hin­ein­tra­gen wol­len. In die­ser Frie­dens­be­we­gung soll Raum für alle „kri­ti­schen“ Po­si­tio­nen sein, der Un­ter­schied von rechts und links keine Rolle spie­len, „tra­di­tio­nel­le“ Or­ga­ni­sa­tio­nen um­gan­gen wer­den. Jeb­sen for­mu­liert öf­fent­lich keine aus­ge­ar­bei­te­te Quer­front­stra­te­gie. Seine Kreuz-und-Quer-Kri­tik öff­net die Tür auch für rech­te Het­zer. Die „Für alles offen“-Hal­tung ist die Quer­front­stra­te­gie.
Des­halb sind die vie­len Be­rüh­rungs­punk­te zwi­schen Jeb­sen und an­de­ren aus sei­nem Spek­trum mit offen rech­ten Kräf­ten kein Zu­fall. Nur ein Bei­spiel: Im In­ter­view mit Ken Jeb­sen durf­te sich noch im März der re­ak­tio­nä­re Autor Ger­hard Wis­new­ski, der auch für das El­säs­ser-Blatt „Com­pact“ schreibt, Sor­gen dar­über ma­chen, ob die ei­gent­lich sym­pa­thi­sche AfD nicht doch ein wenig zu an­ge­passt an den Main­stream sei. Nach der Bun­des­tags­wahl kom­men­tier­te Jeb­sen, dass es zwi­schen AfD, CDU und Links­par­tei über­haupt keine Un­ter­schie­de gebe und er die Wah­len so­wie­so für Thea­ter halte. Auf KenFM kom­men linke Ak­ti­vis­ten ge­nau­so zu Wort wie rech­te Het­zer – die Un­ter­schei­dung ist für Jeb­sen eben nicht so wich­tig.
So ekel­haft Le­de­rers „eman­zi­pa­to­ri­scher“ Zen­sur­ver­such war – Jeb­sen hat kei­nen Preis ver­dient, der nach Karl Marx be­nannt ist. Wir brau­chen eine Frie­dens­be­we­gung, die die wirk­li­chen Or­ga­ne des Im­pe­ria­lis­mus be­nennt, die den Kampf gegen die deut­sche Kriegs­po­li­tik, die Kriegs­po­li­tik der NATO und die Mi­li­ta­ri­sie­rung der EU führt, die die Ver­bin­dung der Frie­dens­fra­ge zu den all­täg­li­chen so­zia­len Be­dürf­nis­sen der Mehr­heit her­stellt, die rech­te Het­zer auch als Kriegs­trei­ber ent­larvt, wenn sie sich als Frie­dens­en­gel dar­stel­len. Die DKP will ihren Bei­trag leis­ten, um die Kräf­te zu stär­ken, die für eine sol­che Ori­en­tie­rung ar­bei­ten. Dann er­le­di­gen sich De­bat­ten um Jeb­sen von selbst
."

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  Kommentar zum Artikel von Rainer:
Mittwoch, 27.12.2017 - 12:09

Jebsen rudert zurück und hat sein rubikon-Video um die justiziabelsten Passagen redigiert (weiß nicht ob auf juristischen Druck davon sagt/schreibt er nix). Und in einem albernen update versucht er sich ohne Totalen Gesichtsverlust aus der Affäre zu ziehen. :

"Persönliche Stellungnahme von Ken Jebsen:

Hiermit möchte ich eine kurze Stellungnahme zu zwei von mir in dem Rubikon-Interview mit Christiane Borowy getroffenen Aussagen abgeben, um Missverständnisse aus- und eigene Fehler einzuräumen:

Durch die an einer Stelle getätigte Aussage von mir, wird ein direkter Zusammenhang zwischen der Tageszeitung „junge Welt“ und dem im Internet kursierenden Video, in dem gegen meine Tochter agitiert wird, hergestellt. Dies ist falsch. Ich kann hier keinen direkten Zusammenhang beweisen und bin mit der Aussage an dieser Stelle zu weit gegangen. Diese Aussage nehme ich hiermit öffentlich zurück. Ich mache Fehler. Dies war einer.

Zudem erkläre ich in dem Interview an andere Stelle, dass sich der ehemalige Mitarbeiter der Tageszeitung „junge Welt“, Patrick R., neben dem Besitzer der „junge Welt“, Dietmar Koschmieder, befunden hätte, als dieser (R.) mich am Tag der Preisverleihung gegen meinen ausdrücklichen Willen mehrfach kontaktierte. Auch dies kann ich nicht beweisen, sondern stützte mich hier auf die Infos „zwischen den Zeilen“, die mir Herr R. zukommen ließ. Ob Herr Koschmieder also tatsächlich über das Verhalten von Herrn Rupprecht informiert gewesen ist, weiß ich nicht. Daher bin ich mit meiner Aussage hier übers Ziel hinaus geschossen und möchte auch dies als Fehler von mir einräumen.

Persönlicher Zusatz: Wie es den meisten Zuschauern vermutlich ersichtlich ist, wurde in diesem Interview ein empfindliches Thema berührt. Ich und meine Familie werden nicht erst seit dem 14. Dezember 2017 bedroht. Es fehlt mir hier eine klare Haltung von Kollegen, dass mit den kürzlich bekannt gewordenen Aktionen gegen meine Familie und mich zu weit gegangen wurde und wird. Auch, wenn man noch so unterschiedliche Meinungen in der politischen Auseinandersetzung vertritt, gibt es doch Grenzen, die etwa auch die „junge Welt“ als Presseorgan erkennen müsste.

Ich erwarte von der „junge Welt“ nicht, dass sie sich angesichts der Bedrohungslage, der wir seit Jahren ausgesetzt sind, in irgendeiner Weise verständig zeigt. Vielmehr ist es für mich und mein Team bedauerlich, festzustellen, dass sich die „junge Welt“ trotz meines persönlichen Anrufs tags darauf nach der Preisverleihung bis heute nicht bei uns zurück gemeldet hat. Es gab keinerlei Reaktion oder Feedback an mich oder mein Team, angesichts der Schilderung der Vorkommnisse rund um ihren ehemaligen Mitarbeiter Patrick R. Das finden wir ehrlich gesagt schlicht unwürdig unter Kollegen. Im Gegenteil glänzt die „junge Welt“ vielmehr durch Nachtreten — man lese dazu beispielsweise ihren Artikel vom 22. Dezember 2017
."
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Ob das bei ansonsten unberührter Argumentationskette auch juristisch reicht weiß ich ebenfalls nicht, bezweifle das (als Nichtjurist) aber.

Zumindest hat sich die Strategie der Jungen Welt den Typen einfach jedesmal ausführlich zu zitieren und ihn sich quasi selbst erledigen zu lassen als goldrichtig herausgestellt. Er quietscht !!


  Kommentar zum Artikel von Rainer:
Samstag, 23.12.2017 - 21:49

Nur der Vollständigkeit halber : auch Stephan Steins komische Pseudofahne ruft natürlich zur Solidarität mit Ken Jebsen gegen Kommunistische Faschisten (oder so) auf :
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  Kommentar zum Artikel von RevLeft:
Freitag, 22.12.2017 - 17:05

@Rainer: danke für den Hinweis auf die AfD-Affinität des Schreyer. Hatte den Text zunächst gelesen und für einen (für Debattenverhältnisse) fast deskalierenden Beitrag gehalten...

Jetzt wollen uns schon AfD-Heinis erklären, was echt links sein ist? Die Verwirrung der Begriffe wird zur Verwirrung in den Köpfen.


  Kommentar zum Artikel von Rainer:
Freitag, 22.12.2017 - 15:14

Auch ein Paul Schreyer dürfte da auf dem Rubikon seine Solidarität mit Jebsen dalassen :

Die Querfront-Hysterie
Rechtsextreme vereint mit Verschwörungstheoretikern bedrohen die Demokratie, Ken Jebsen ist ihr Wortführer und immer mehr Linke schließen sich ihnen an – so heißt es aktuell in vielen Medien. Eine Gegenrede.

...KenFM und das Compact-Magazin zum Beispiel stimmen bei den diskutierten Lösungen ganz und gar nicht überein, im Gegenteil. Während Ken Jebsen kapitalismuskritisch, herrschaftskritisch und gerade nicht autoritär argumentiert und sein Publikum immer wieder dazu aufruft, selbst zu denken und sich keinen Parteien und Hierarchien unterzuordnen, empfiehlt Compact-Herausgeber Jürgen Elsässer seinen Lesern eine Koalition aus AfD und FDP als „Regierung aus dem Volk, durch das Volk und für das Volk“.

Größer könnten die Unterschiede kaum sein – was der Mainstream, gerade auch der linke Mainstream, mit TAZ, Junger Welt, Neuem Deutschland und Frankfurter Rundschau, aber konsequent ignoriert. Zu schön ist offenbar das große Feindbild, zu bequem die Möglichkeit, Journalisten wie Jebsen als Rechte auszugrenzen, die eigenen Tabuthemen – Geldsystem, Staatsterror, Machteliten – kurzerhand zu „rechten“ Anliegen zu erklären.

Herrschaftskritik aber, also das grundsätzliche Hinterfragen der Autoritäten, bleibt links, egal was die Political Correctness der etablierten Linken dazu meint...

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Ach ja : der Typ ist übrigens AfD-Mann. Das ging dann selbst den sonst schmerzfreien "Nachdenkseiten" zu weit :
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  Kommentar zum Artikel von Rainer:
Freitag, 22.12.2017 - 13:21

Oha die Ereignisse überschlagen sich : der Holocaustleugner gilad Atzmon hat einen scharfen Angriff gegen den Betreiber von rubikon.news Jens Wernicke geschrieben und die notorische Hecht-Galinski veröffentlicht das :

Jens Wernicke, noch ein Jerusalemit auf der Liste von Gilad Atzmon
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Auf rubikon meldet sich unterdessen auch Andreas Wehr mal zu Wort der ja von der Jungen Welt böse einen reingekoffert bekommen hat. Das klingt geradewegs versöhnlich. Was ist denn mit dem passiert, kalte Füße bekommen ?
Wenn das vermeintlich Gute gegen das vermeintlich Böse antritt
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Und die neuerliche ganze Seite in der Jungen Welt dürfte ihre Wirkung nicht verfehlen. Währenddessen kann sich der rubikon schon mal auf ein Hochwasser der Klagen einstellen. Und Jebsen.? Ich sach mal : Frohe Weihnachten, Querfrontarsch !!


  Kommentar zum Artikel von secarts:
Freitag, 22.12.2017 - 00:01

In der jungen Welt vom 22.12. wird noch einmal ausführlich auf die Debatte um Jebsen (und den darauf folgenden Wirbel um die jW) eingegangen.

Das auch hier im Forum erwähnte Video Jebsens vom 16.12. stellt nur vorgeblich ein Dokument des Irrsinns dar - oder, wenn es so ist, dann das eines kontrollierten Wahns. Jebsens Wutorgie ist objektiv Produkt der Verzweiflung, weil seine Geschäftsstrategie des Fischens in linken Gewässern im Scheitern begriffen ist. Doch die gesamte Denkfigur dahinter offenbart Abgründe. Insofern ist es vermutlich sinnvoller, den Inhalt des Videos öffentlich zu sezieren, als das Ding wegzuklagen. Andererseits: Wer nach diesem klassischen Hetzstück noch irgendein Verständnis für den Mann aufbringt, dem ist nicht zu helfen.

- Wer fürchtet die Aufklärung?
Die junge Welt wird angegriffen, weil sie marxistische Kritik an geschichtsvergessenen und rechtsoffenen Kräften übt

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- Ken Jebsen und Jürgen Elsässer: Der gemeinsame Feind steht links
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