DE
       
 
0
unofficial world wide web avantgarde
Diesen Artikel auf Pocket™ posten teilen
Artikel:   versendendruckenkommentieren
Von NPD-Blog

Lange hatte sich die Bahn gegen Ausstellungen gesperrt, die an die Rolle des Unternehmens bei den Transporten von Menschen in die Konzentrationslager thematisieren. Schließlich gab es doch eine Einigung, doch der Ärger geht weiter. Für die rollende Ausstellung “Zug der Erinnerung” müssen die Veranstalter Gebühren an die Deutsche Bahn zahlen. “Menschenverachtender Zynismus”, meint Michael Szentei-Heise von der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf und beschimpft Bahn-Chef Mehdorn indirekt als Nazi, wie der WDR berichtet.

Hintergrund der Vorwürfe ist demnach ein Streit um die Ausstellung “Zug der Erinnerung”, zwei Bahn-Waggons, die seit einigen Monaten unterwegs sind und zurzeit in NRW daran erinnern, dass mit Hilfe der Deutschen Reichsbahn über eine Million Kinder und Jugendliche aus ganz Europa in die NS-Todeslager deportiert wurden. Für die Nutzung der Strecken und den Halt an Bahnhöfen berechnet die Bahn AG die üblichen Trassengebühren. Bislang seien rund 70.000 Euro angefallen, schätzen die Initiatoren, ein privater Trägerverein. Weder die Bahn AG noch das Bundesverkehrsministerium seien bereit, die Kosten zu übernehmen und so ihrer historischen Verantwortung gerecht zu werden, kritisiert der Trägerverein.

Zahlreiche Appelle an die Bahn

Diese Kritik können viele verstehen: Auf der Homepage der Initiative “Zug der Erinnerung” gibt es eine lange Liste von Appellen an die Bahn und die Bundesregierung. Die Verfasser reichen vom Verein Christlicher Pfadfinder Hannover über Politiker fast aller Parteien bis hin zu Schülergruppen. Und auch Stephan Kramer, Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, ist empört darüber, dass der Zug der Erinnerung nicht kostenfrei rollen darf. “Ich hätte es diplomatischer formuliert, aber im Kern teile ich den Unmut von Szentei-Heise”, erklärt Kramer. In den monatelangen Auseinandersetzungen habe Mehdorn alles versucht, sowohl den “Zug der Erinnerung” als auch eine eigene Ausstellung der Bahn über die Deportationen “auf eine kleinkarierte Art zu hintertreiben”. Es habe bei der Bahn durchaus auch Unterstützung für den Zug gegeben, aber Mehdorn habe “wo immer er konnte hinter den Kulissen die Strippen gezogen und versucht, einmal gefundene Kompromisse zu untergraben”. Sogar die bahneigene Ausstellung sei nur auf Druck des Verkehrsministers realisiert worden.

“Mehdorn fehlt das Gefühl für Verantwortung”

Beate Klarsfeld, die sich für eine Ausstellung jahrelang eingesetzt hatte, sagte im Interview mit tagesschau.de zu der Ausseinandersetzung mit der Bahn, Mehdorn fehle das Gefühl für Verantwortung. In Frankreich sei das Zeigen der Ausstellung kein Problem gewesen, so Klarsfeld, die Staatsbahn SNCF habe sich sehr kooperativ verhalten. Dort seien 18 große Reisebahnhöfe genutzt worden, um “die Kinder in die Wirklichkeit zurückzuholen. Die Reisenden sehen in der Ausstellung die Kinder vor der Deportation - lächelnde Kinder. Und sie lesen den Text, wann die Kinder deportiert und von ihren Eltern getrennt wurden. Denn Kinder wurden sofort vergast. Dann nehmen die Reisenden ihren Zug und denken: Vor 60 Jahren wurden auf diesen Strecken diese Kinder nach Auschwitz deportiert.“ Somit werde eine viel bedeutendere Beziehung zu den Ereignissen geschaffen, als wenn Menschen in ein Museum gingen.

 
Creative Commons CC BY-NC-ND 4.0
Inhalt (Text, keine Bilder und Medien) als Creative Commons lizensiert (Namensnennung [Link] - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen), Verbreitung erwünscht. Weitere Infos.